Bettina Deschler über ‚Today I Parked My Car On An Ocean Rock‘


Bettina Deschler über Today I Parked My Car On An Ocean Rock

In der Mitte des Jagla Ausstellungsraumes erhebt sich eine Säule zur Decke. Nicht rank und schlank wie eine in Stein gemeißelte Kolumne strebt sie aufwärts, sondern schiebt ihre weichen Wülste widerständig in die Höhe. Bausteine dieser eigentümlichen Stütze von Andreas Hirsch sind nicht etwa Marmorblöcke, sondern unterschiedlich breite Fahrzeugschläuche aus Gummi, die in der vegetabilen Ornamentik des historistischen Deckenreliefs einen ehrwürdigen Abschluss gefunden zu haben scheinen.

Der gebürtige Leverkusener (Jahrgang 1972) erzeugt nicht nur durch die Unvereinbarkeit von Material und Verwendungszweck ein komisches Moment, sondern weckt mit der plumpen Körperlichkeit der auf Luftpolstern aufsteigenden Säule auch die Assoziation an die `Rettungsringfigur´ eines etwas aus der Form geratenen menschlichen Körpers. Der Titel „Synapse“ hingegen weist wiederum auf eine andere Deutungsmöglichkeit.

Das Komische und Kuriose durchdringt Hirschs multimediales Werk und lässt sich auf sein Interesse für Zufallsoperationen und Improvisation zurückzuführen, die sich auch in seiner Beschäftigung mit experimenteller Musik niederschlagen. In seinen ‚TreeSpeedMusic‘ Performances verwendet er eigens entwickelte Instrumente wie den „elektrifizierten Palmwedel“ als Klangerzeuger. So lässt sich ein an die Wand gelehntes Fundstück aus schwarzem Kunststoff, das an ein kurz geratenes Alphorn erinnert, auch als ein potenzielles Musikinstrument begreifen, dem bei nächster Gelegenheit Töne zu entlocken sind. Zwei Schwarz-Weiß Tuschezeichnungen mit dem Titel „Today I Parked my Car on an Ocean Rock“ bewegen sich zwischen Nonsens und Narration. Ein Auto steckt senkrecht in einer Felsspalte, umgeben von Meer und nächtlichem Dunkel. Daneben der Felsblock im schwarzen Gewässer, an dem jetzt nur noch ein Notizzettel haftet. Unfall? Unfug? Beides möglich. Zwei weitere Zeichnungen zeugen von Kontrollverlust als Bedingung für Kreativität. Hirsch hat die Zeichnungen zweier Gegenstände -ein Surfbrett und ein Schaltknüppel-, in den Kopierer gelegt und während des Vorgangs hin- und her bewegt, so dass diese willkürlichen manuellen Manipulationen das Ergebnis verfremden. Die entstandenen verzerrten Linienmuster, von Hirsch anschließend genau abgezeichnet, weisen kaum Ähnlichkeit mit ihrer ursprünglichen Form auf und sind eher mit Strukturen geologischer Gesteinsschichten vergleichbar.

Bettina Deschler, Kölner Stadtanzeiger, 2011

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