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Moff_Interview_2013

Interview für MOFF #7 mit Stefanie Klingemann & Anne Schloen, 2013 

Andreas Oskar Hirsch (geb. 1972 in Leverkusen) hat von 1995 bis 1996 an der Université Paul Valéry in Montpellier Film studiert. 1996 ging er nach Köln und begann ein Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln. 2001 erhielt er sein Diplom von Prof. Jürgen Klauke. Von 2001 bis 2002 hatte er ein Residenzstipendium in Marseille. Er war Mitgründer des Kunstraums „Blast“ in Köln, der von 2006 bis 2009 bestand. Neben zahlreichen Workshops im Bereich der Bildenden Kunst und der Musik lehrte er zuletzt von 2008 bis 2012 an der Kunsthochschule für Medien Köln. Wir haben Andreas Oskar Hirsch in seinem lichtdurchfluteten Atelier in Köln/Deutz besucht.

MOFF: Auf deiner Webseite gruppierst du deine Arbeiten in verschiedene Bereiche: Zeichnungen, Skulpturen, in den Bereich der Performance und Musik und Fotografie. Dient die Kategorisierung lediglich dem Zurechtfinden des Betrachters?

Andreas Oskar Hirsch: Ja, hauptsächlich geht es da um den Betrachter, denn mir sind die Sachen ja bekannt. Aber es gibt da ja auch diese Rubrik mit vielleicht 20 Arbeiten, die nicht so geordnet sind. Ich weiß nicht, ob ihr das gesehen habt unter „works“, da ist alles gemischt. Und darüber hinaus ist es dann ein Zugang für jemanden, der denkt: „Okay, ich möchte mir jetzt gern die Zeichnungen angucken oder die Fotografien.“ Dann hat man da ein Ordnungssystem.

M: Und du brauchst kein Ordnungssystem für dich? Man taucht in deine Arbeit ein, und es geht um 360 Grad. Also egal, in welche Richtung man blickt, da passiert etwas, es ist aber nicht direkt ein roter Faden auszumachen. Um was geht es dir? Was ist dein Antrieb, dein Thema?

AOH: Also, ich gehe oft von Materialien aus, die mir begegnen, von Situationen, auf die ich reagiere oder von Phänomenen, auf die ich aufmerksam werde. Ich war immer schon neugierig auf ver- schiedenste Dinge und die Möglichkeiten, die man damit hat, auch auf Sprachen. Kunst und Musik sind ja eine gute Möglichkeit, um Sachen herauszufinden. Und das, was man als roten Faden bezeichnet, habe ich eigentlich immer ein bisschen schleifen lassen und mehr an die einzelnen Arbeiten gedacht.

M: Der definitive Eindruck bei der Beschäftigung mit deiner Arbeit ist: Da ist ein Typ, der ist ständig in Bewegung. Und aus dieser Bewegung heraus ist alles möglich. Als würdest du aus der Bewegung heraus deine Arbeiten generieren und je nach Situation ein Medium für deinen Ausdruck finden. Du hast ja auch von „gefundenem Material“ gesprochen…

AOH: Ja, ich denke, das trifft es recht gut, oder zumindest ist es das, was ich versuche. Dazu kommt dann ein Interesse für konzeptuelle Geschichten. Bei meinen Fotografien ist das vielleicht am klarsten sichtbar: ein Interesse daran, die Logik der Fotografie gegen den Strich zu bürsten, ihre Ränder zu bearbeiten. Bei „This Summer I Didn’t Go To China“, einer schon älteren Serie, geht es um die touristische Geste beim Reisen. Man fotografiert und nimmt quasi Beweisstücke mit. Das habe ich umgedreht, habe also Bilder gemacht von Orten, an denen ich gar nicht war.

M: Kannst du die Arbeit näher beschreiben?

AOH: Die Serie geht zurück auf eine verpasste Chinareise. Es gab den Plan, mit Echo Ho und Hannes Hoelzl nach China zu gehen. Und bei mir ist das Timing und das Geld irgendwie aus dem Ruder gelaufen, und ich musste die Reise absagen. Also, die beiden sind dann ohne mich gefahren, und ich habe angefangen, über Bergexpeditionen zu lesen und habe Landschaften aus Betttüchern, Papier, Topflappen et cetera auf dem Bett drapiert und dann teilweise auch mal auf’s Objektiv gehaucht – so ein billiger Fototrick, um Nebel zu simulieren –, um dann diese gebauten Landschaften zu fotografieren und auf Barytpapier abzuziehen. Dann habe ich die Abzüge getont, um dem Ganzen so einen nostalgischen Touch zu geben. Teilweise sind es Aufnahmen, die relativ nah dran sind an wirklichen Landschaften. Und dann gibt es viele Bilder, bei denen man schnell sieht, dass es sich um ein Spiel handelt, um eine gedankliche Reise. Und um die Verkehrung einer fotografischen Geste eben, in diesem Fall die touristische.

M: Das heißt, der Impuls war eigentlich autobiografisch?

AOH: Der Impuls war ganz klar autobiografisch, ja. Was, glaube ich, auch mit dazu geführt hat, dass das eine Arbeit ist, die für mich bis heute Bestand hat, weil sie auf sehr natürliche Weise entstanden ist. Einige Arbeiten bleiben einem ja näher als andere.

M: Vorhin hast du gesagt, du willst in deinen Arbeiten immer etwas herausfinden. Sind das dann immer Dinge autobiografischer Natur, oder ist es eine Mischung aus vielem?

AOH: Nein, ich würde nicht sagen, dass es in erster Linie um autobiografische Dinge geht. Aber manchmal kann das eben ein Auslöser sein. Aber dann geht es eigentlich immer darum, zu gucken, wo kann es jetzt damit hingehen. Also, ich glaube, es geht viel darum, tatsächlich zu forschen. Und zu gucken, welche Aussagen ich treffen kann, mit dem, was ich da rausfinde. Natürlich gibt es dann Vorlieben, z. B. Ordnung und Unordnung gegeneinander antreten zu lassen, Absurdes und Paradoxes. Versuchsanordnungen sind immer wieder wichtig. Prozesshafte Geschichten, bei denen man erst mal nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Ein Beispiel ist vielleicht diese Bohrma- schine da: Teil einer Reihe von Werkzeugen, die ich per Negativ fotografiere, und wo ich dann genau mit dem Werkzeug das Negativ bearbeite, das auch auf dem Negativ zu sehen ist. Das heißt, in diesem Fall durchbohrt die Bohrmaschine das Abbild ihrer selbst.

M: Das ist von 2012?

AOH: Ja, und daneben gibt es eine schon ältere Kaffeemühle und alle möglichen anderen Werkzeuge, z.B. ein Schleifgerät oder einen Tacker. Bei der Kaffeemühle wird das Negativ in der Kaffeemühle geschreddert und dann auf den Scanner gestreut. Für mich ist das eine Form, Fotografie darüber hinauszutreiben, was ein einfaches Abbilden ist. Bei den „Photogramphotographs“ ist das auf eine andere Art und Weise auch der Fall. Wenn man nicht weiß, wie Fotogramme zustandekommen, könnte man ja auch denken, das sei alles am Rechner gemacht. Es sind aber analoge Aufnahmen, die ich mit Schablonen, Taschenlampe und anderen Lichtquellen in der Dunkelkammer grafisch erweitere. Und das hat dann auch eine andere Haptik, wenn man das bei Fotografie überhaupt so sagen kann. Was dem allem gemein ist, ist eigentlich, dass mich der Prozess interessiert. Also, für mich würde es wenig Sinn machen, das am Rechner umzusetzen und dann auszudrucken. Den Prozess aber – in die Dunkelkammer zu gehen, eine Technik zu entwickeln, die für Überraschungen sorgt, damit zu arbeiten und zu gucken, wo es einen hintreibt –, den finde ich interessant.

M: Was du jetzt beschrieben hast, das gilt auch für deine Performances, nicht? Das Umdeuten von Objekten oder Gegenständen, wie zum Beispiel diesem Palmenwedel, aus dem du ein Instrument baust. In den Musikperformances arbeitest du auch mit dem Zufall. Am Ende steht die Performance dann aber für sich.

AOH: Ja, der Zufall spielt sicher auch in der Musik eine Rolle. Eigentlich eher Aleatorik, also so eine Art Zufall in Grenzen vielleicht. Improvisation ist wahrscheinlich auch treffend. Die Musikperformances sind für mich in den letzten Jahren sehr wichtig geworden, die Musik beansprucht mittlerweile einen großen Teil meiner Zeit und Energie. Vielleicht ist das auch so was wie eine Rückkehr. Also zu einer Beschäftigung wie die, die ich als Teenager hatte. Da habe ich viel Musik gemacht. Und der Palmwedel ist für mich schon so eine ganz zentrale Sache.

M: Hat der Palmwedel auch eine symbolische Bedeutung?

AOH: Nicht im christlichen Sinne jedenfalls. Da bin ich in letzter Zeit immer wieder drauf angesprochen worden, aber damit habe ich nicht viel am Hut. Es hat vielleicht insofern eine symbolische … symbolisch weiß ich nicht, aber es hat eine Bedeutung insofern, als dass es direkt gekoppelt ist an Natur und vielleicht auch an ein romantisches Bild von Natur, das ich als Ausgangspunkt nehme und dann aber auch wieder auflöse. Es gibt Verbindungen zu Musik aus Indonesien, Bali, Gamelan, auch afrikanische Musik, also auch etwas, was einer Trance-Idee ein Stück weit verbunden ist. Es hat sicherlich etwas für mich Bedeutungsvolles allein dadurch, dass es ein selbst erfundenes Instrument ist, für mich ein rich- tiges Heureka. Und das es dann auch zu spielen gilt. Jeder Palmwedel ist ja ein bisschen anders gewach- sen. Da musst du gucken, was gut klingt und wo was ist. So ähnlich, als würdest du Klavier spielen und die Tasten sind ab und an woanders. Andererseits spiele ich natürlich keine Fugen oder so was, son- dern eher einfache Sachen. Und da ist schon etwas … Ich weiß nicht, ob das sinnbildlich steht für meine Arbeit, aber es gefällt mir, immer wieder neu zu schauen: Wie kann ich da an der Stelle weitergehen? Was kann ich da rausholen, was vielleicht so noch nicht gehört worden ist oder noch nicht gesehen wurde? Außerdem bin ich Fan von Abenteuergeschichten. Herman Melvilles „Typee“ zum Beispiel, sein erster Roman, der auf Nukuhiva in Polynesien spielt, wo Melville selbst einige Zeit mit Kannibalen gelebt hat. Er wird da gut verpflegt und bekommt dann natürlich Angst, dass er gemästet wird. Großartiger Roman. Oder Arthur Gordon Pym von Edgar Allan Poe. Unmögliche Längen- und Breitengrade am Südpol. J. G. Ballard ist auch wichtig. Die Natur, die auf völlig irre Weise zurückschlägt, kristallisierende Urwälder und singende Pflanzen. Das sind alles Momente, die mich beeindrucken und die in irgendeiner Art und Weise vielleicht auch mit dem Palmwedel und der damit verbundenen Elektronik mitschwingen.

M: In deinen Arbeiten gibt es oft einen „fantastischen“ Moment. Zum Beispiel bei der „Lebensversicherung für Hunde“. Als Betrachter hat man direkt ein Bild im Kopf, das man weiterspinnt zu einer Geschichte. Da ist der Stock, der muss geführt werden, von einem Spaziergänger zum Beispiel. Und dann sind da drei Löffel dran. Und auf jedem Löffel ist Hustensaft. Das heißt, vielleicht für drei Hunde. Dann stellt man sich diese drei Hunde vor, die um diesen Stock rumscharwenzeln und versuchen diesen Hustensaft zu schlucken. Und dann fragt man sich: Warum braucht der Hund Hustensaft? Ist der vielleicht krank?

AOH: Sehr schön! Also, wenn das bei dir passiert: Bingo!

M: Kannst du kurz beschreiben, wie solche Objekte entstehen?

AOH: Es sind eigentlich Collagen. Mitunter von Dingen, die ich aus irgendeinem Grunde behalte, nachdem ich sie gefunden habe und es sich herauskristallisiert, dass die Verbindung mit einem anderen Objekt halt zu etwas füh- ren könnte. Bei den Flossen waren es einfach diese Spiegel, die ich mal vom Sperrmüll mitgenommen habe. Und da sind dann diese Flossen … kombinieren wir das mal … ein klarer Gedanke entsteht, und dann gehört das einfach gemacht. Ich mache ja nicht wirklich viele Objekte. Also, wenn du das mal runterrechnest, ist das, glaube ich, gerade mal eines pro Jahr oder so.

M: Echt? Jetzt gerade stehen hier drei, vier Stück.

AOH: Ja, weil ich hier jetzt ein bisschen Platz habe und die Dinge sehen will, auch in Verbindung mit den Zeichnungen. Das da ist eine Arbeit, von der es weitere geben wird. „Memorystick“ heißt das. Auf der Schallplatte befindet sich Morsecode, wie auch auf den Zeichnungen dort. 2011 habe ich Morsecode gelernt, kann es jetzt so halbwegs gut. Da links hat man z.B. „Uff“ – di-di-dah di-di-dah-dit di-di-dah-dit, das ist ein „U“ und Doppel-„F“. Das da in der Mitte, das ist „Hoppla“. Also ein „H“, di-di-di-dit, dann drei mal lang für „O“, dah-dah-dah, dann zwei mal di-dah-dah-dit für zwei „P’s“, dann di-dah-di-dit für „L“ und di-dah – „Hoppla“. Und hier auf dieser Schallplatte, das ist so ein Vinyl-Dubplate – du kannst ja jetzt seit einigen Jahren Einzelstücke anfertigen lassen –, darauf befindet sich nur das Irrungszeichen. Wenn du dich vermorst, dann musst du das Irrungszeichen dransetzen, und das Irrungszeichen besteht in achtmal kurz, also di-di-di-di-di-di-di-dit, und dadurch wird dann der letzte Buchstabe annulliert und ersetzt durch den darauffolgenden. Ich bin mir jetzt gar nicht so sicher, wie es damit losging, aber es gibt eine Menge schöner Aspekte. Der Ton spielt mit rein, und Sprache auch. Botschaften oder Laute werden zu grafischen Elementen, und Signalwege gehen da durch. Oder Umrisslinien von Kontinenten, die sich längst verschoben haben. Zur See gibt es wieder eine Verbindung. Im Grunde ist Morsecode die erste Form der digitalen Sprache, die heute ja alles immer stärker prägt. Die Zukunft der Vergangenheit, mittlerweile eine fast tote Sprache. Etwas Geheimes schwingt auch mit, und natür- lich ist Morsecode mit Situationen verbunden, in denen Kommunikation schwierig ist, Notsituationen. Die beiläufigen Äußerungen wie „Hoppla“ konterkarieren das. Und bei diesem „Memorystick“ da, der nicht umsonst diesen Namen trägt von einer Einheit, die wir so in die Tasche stecken und auf die man mittlerweile zig Gigabyte draufkriegt, da verhält es sich genau umgekehrt. Also, da ist extrem wenig Information drauf, aber sie wird lange halten. Dann diese Kombination von einem Treibholz – also einem Fundstück, das den Fluss runtergetrieben ist – in Verbindung mit einer codierten Botschaft, die erst einmal nicht zugänglich ist, die sich aber über den Titel dann vermittelt. Also so eine Art kleiner Container, ein Informationscontainer. Und ich glaube, wenn ich meine Objekte da so richtig einordne, dann ist das eigentlich eine ganz klassische Herangehensweise der Collage, wie im Surrealismus auch. Von Objekten, Materialien, die man verbindet, und die erst einmal nicht zusammengehören. Eine ganz klassische Geschichte eigentlich. Es ist aber eben tatsächlich so, dass relativ viel Zeit drinsteckt. Warst du bei Jagla, hast du die Ausstellung gesehen?

M: Ja. Das war die Arbeit mit den Gummireifen bis zur Decke, oder?

AOH: Genau. Also, das ist ein Ding, das ich mal 2005 vorgeschlagen habe, für eine Ausstellung in Berlin – wobei das damals noch in der Waagerechten sein sollte. Das hat da nicht geklappt, und dann hat die Idee ziemlich lange geschlafen. Und als sich die Aus- stellung bei Jagla ergeben hat, hat der Raum einfach sehr gut gepasst. Gerade auch mit dieser Stuckrosette unter der Decke. Aber … wie hast du das vorhin gesagt: … „Fantasie“?

M: Den „fantastischen“ Moment?

AOH: Ja, genau, den „fantastischen“ Moment. Das ist schon ganz klar etwas, was ich suche. Ich würde mich da tendenziell jedenfalls schon als Eskapisten bezeichnen. Für mich hat Kunst und Musik viel damit zu tun, Welten zu erfinden, oder Systeme, und darin einzutauchen, sich wegtragen lassen.

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Revisiting The Visitors (engl.)


Revisiting The Visitors
A conversation between Andreas Oskar Hirsch & Echo Ho
(deutsche Version hier)

Ho: How did that start again, with the Letters of Recommendation?

Hirsch: We were in a department store in Xining buying notebooks and pencils for the children. I stumbled across these preprinted forms and thought: ”Oh, nice paper.”

Ho: Well, you must be the only one to think that the paper is pretty!

Hirsch: Don’t you? Look!

(Laughter)

Ho: Yes, in fact it’s interesting to me too because I’m not sure whether they use it in China. I guess they do. Otherwise they wouldn’t be selling it. However, in Beijing, for instance, you wouldn’t find it anymore.

Hirsch: Right, you said this was something they probably only still have in the provinces.

Ho: Yes, they aren’t as developed as the metropolises. It used to be that way everywhere, though. You couldn’t get anywhere without a letter of recommendation.

Hirsch: In what types of situations?

Ho: A friend of mine, for example, the writer Ma Jian, traveled for a long time holding such a letter. He visited people on the countryside. Without the letter, which I believe he obtained from a magazine for which he worked, he wouldn’t have found accommodation. And he couldn’t have just asked them questions. So, one of those letters can really come in handy.

Hirsch: Do you really think it was this kind of preprint, though?

Ho: Yes. In Chinese it’s called “Dan Wei.” That’s where you work, let’s say a company. Back then it had a different name, though, as it was still during communism. And they fill this form in for you. You take a section with you and they tear off the other one and keep it. This here means ”title.” And this field is for your name. There it says comrade. Comrade Hirsch, for example. And here your employer, something public, what do you call it?

Hirsch: An institution?

Ho: Yes, you could say that. If you enter a village and the people there see, okay, he is sent by the government, then you’re legal. You have the right to go there. You are a legitimate personal introduction.

Hirsch: Where does it say institution, or where do you write it?

Ho: Here, in this box.

Hirsch: And here….

Ho: ”Introduce… ”. And this is a polite form of address. ”Zi Jie Shao”.

Hirsch: ”Zi Jie Shao…” and what does this mean?

Ho: But I’ve already translated all that!

Hirsch: Yes, but I can’t find the translations.

Ho: ”Goes to you” it says here. So, the institution suggests that you go there. Literally it says ”to your location.” And here: ”Request for assistance.” So, in case the person has a problem or a question that he or she be helped. It really means ”request for cooperation.”

Hirsch: What about this here?

Ho: ”Jing Li.” It’s a military term. You probably have that here too. But it also means something like ”Sincerely yours.” In a communist way. This whole thing is communist. It wouldn’t work here in Germany.

Hirsch: Well, it would in a way. We have the same system here. If you have a letter of recommendation that may not mean that anyone has to cooperate, but it still might have positive effects. Excuse me though, I have to ask again: What exactly does this symbol mean?

Ho: Symbol.

(Laughter)

Hirsch: Symbol!?

Ho: This means ”Symbol.”Written symbol, though. Character.

Hirsch: Mmmh…

Ho: And another thing here: the letter’s validity period. And this is for the date when it is issued.

Hirsch: Isn’t there a field for the telephone number?

Ho: Oh, they’ll call!

(Laughter)

Ho: Let’s say you claim that you are from China Daily….ah, the stamp is still missing! That’s very important. It goes here. Without the stamp it’s not even valid. It provides you with a kind of power. People receive you, you find accommodation. And no matter what you do, you do it as a mission. The people have to accept this then.

Hirsch: Otherwise they’ll get in trouble…

Ho: Yes. It’s quite different from a regular letter of recommendation. There’s patronizing behavior in here: Here I am, so go ahead and cooperate, don’t question me. But why did you use this as drawing paper?

Hirsch: For one thing I like its graphic quality. For another, I find the context interesting and also funny – this idea of power contained in it. The institutional and the bureaucratic element. I like undermining that, even if only on an imaginary level. I didn’t go and start any actions with it, like sending people on the way with these letters or sending out the forms myself.

Ho: They aren’t sent! You have them with you at all times. They’re your passport, a temporary identity. For a while, this piece of paper defines who you are and what you do. The writer Ma Jian had a real letter of recommendation. However, there were also forgeries and crime with them. In the early 90´s there was a lot of talk about this, and you could read about it in the papers. By the way, how do you start drawing?

Hirsch: Partly I work my way along the characters. In the ”Parking Lot” and the ”Drive-In Theatre,” for example, there are signs and screens, and they might say something like ”comrade” or ”request for help” or the other things you translated before. Then there is the drawing with the copy of the character that means ”number.” This looks a little bit like a flag. And some of them are related to what’s important to me, to things I’m connected to, completely without irony. These are things that I recommend, so to speak, the wave, for example. Some of them contain sound or music as an important part. So amplifiers appear in them. The very first drawing, which I still did in Beijing, depicted my guitar and my orange peaked hat. These are, in fact, naïve propositions.

Ho: If you show me these drawings now and I’m not familiar with these Chinese forms and their meaning, of course I’ll have other associa-tions. Have you ever shown them, and what was the feedback like?

Hirsch: I exhibited them once in Marseille, but I don’t know much about the feedback as they were hanging on the wall while I was gone again. It is a thing I always try to communicate though – by making the background slightly transparent, either across the title or sometimes accross a brief text passage. However, for many it probably remains a graphic thing in the first place. Nevertheless I find it important what kind of motivation is behind something or how an idea develops.

Ho: I wonder what a Chinese might think. When you think of draw-ings you first think of a drawing on white paper. If you start with a preprint that’s almost like children in school who draw on their books, on a something that isn’t made for that purpose. Misuse takes place. It’s interesting to me who looks at it and what happens in the process. Chinese people would probably know. The misuse would be clear. For the people over here the first moment is probably the same way it was to you before I explained the background.

Hirsch: When you read the title you read ”Letter of Recommendation,” and here you see a number. I like these huge digits. You can ask yourself what would be your number. That may also be interesting in connection with communism or other types of ”mass management,” which you try to counteract with something personal. The titles con-tinue with ”Rails ‘n’ Roll” or similar things. I believe that gives you the opportunity to get into it. Anyway, you just mentioned two interesting points. One was misuse. That’s interesting…it’s generally interesting for art.

Ho: Yes, there are many examples throughout art history.

(Laughter)

Hirsch: … the other was this phenomenon that you draw on something else, such as books. I find it easier to draw when there is already something there. White paper is much more difficult. That’s why I often make copies of drawings, draw over them again, and so forth. Like this I can relate to something. It may be the same way with the found negatives.

Ho: Is that misuse? It’s not, is it?

(Laughter)

Hirsch: That is the question….

Ho: Not really, because the negatives are made to be enlarged. But the location and the context are shifted. I wonder why no Chinese artist works with these preprints and with abandoned negatives, why you as a stranger take up these things even though there is a historic background that you don’t know very well. I mean, these things are related to the time of change in China. In the Letters of Recommendation it’s communism. And in Mr. Double Double it’s organized tourism and the free economy, which have become more powerful since the 80´s. So the people came up with an attraction for the tourists. They only pay 5 Yuan, and an hour later they get a photograph, and they hang it up on the wall. They don’t need the negative anymore, nor does the photographer. Capture the moment, reel in the cash and throw away the remains. And a month later we happen to pass by there, nobody is there anymore, and you take it all with you. The role you play here… for someone Chinese there would be a rich context here.

Hirsch: Are you saying a Chinese artist could give more meaning to this?

Ho: Yes, if a Chinese artist were in your place there would be a lot to be told. However, what’s interesting is the fact that you are the one who came across this and that you found your own approach with it. And that’s an interesting impulse for me, also in Mr. Double Double, because there are many stories behind the meanings of these negatives. If a Chinese artist had made this piece and if one were to describe the photographs in the art context this whole historic background would surface and the break in China would be projected into it.

Hirsch: Quite possible. I guess that’s something I can’t provide.

Ho: That’s why I keep getting back to this point of identity. You as a stranger in this place. For you it is really a discovery. How did you actually come up with the idea to continue using the negatives for art? Is it found footage? After all, you have that often in art from the West….

Hirsch: After I had taken them they lay around untouched for a while. Only after scanning them did I know: this is interesting. They seemed so strange to me that I thought: they have to be shown here!

Ho: What was interesting about them to you?

Hirsch: These processes of disintegration, the double and triple exposures, all on the same negative. Then the fact that I myself had been there, at this beach, which the photographs depict, and also where the negatives came from. That they had a purpose, which was to be bought by the people who are on them. And I like the connection with the mountain pictures from the year before. I thought, now I wasn’t in China once and made pictures anyway, something like counter pictures. And in 2002 I was there after all, taking lots of pictures. But none of all this is as weird and as strangely displaced as the stuff that was lying on the beach.

Ho: Well, there are many double exposures in art here too.

Hirsch: Yes, there are the Lumos, but I think they always expose a whole negative at a time, albeit in four parts. There is no time gap between the exposures of the different areas, or only a fraction of a second. At least not long enough so you could treat them the same way as in „Mr. Double Double“. There must have been some kind of construction that always covered a part of the negative during exposure. You must have seen pictures like these before, right?

Ho: Yes, it’s been ages. Like I said, for the Chinese there is a long history of this. It came with tourism. And this is really a brilliant sales idea, you’re not just on it once but twice. Being on it only once would be a little sparse. For you too, after all.

Hirsch: What do you mean?

Ho: The fascination of doubling. If, during the journey, you had found negatives with only one Chinese person in front of a landscape and with a few ”time traces,” it wouldn’t be as interesting to the viewers, nor to you. So the trick with the double exposure worked twice!

Cologne, Restaurant Lakshmi, January 2008

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Revisiting The Visitors (dt.)


Revisiting The Visitors
Andreas Oskar Hirsch im Gespräch mit Echo Ho
(english version here)

Ho: Wie hat das denn eigentlich noch mal angefangen mit den Empfehlungsschreiben?Hirsch: Wir waren in einem Kaufhaus in Xining und haben Hefte und Stifte für die Kinder gekauft. Und ich habe diese Formulare entdeckt und dachte: „Oh, schönes Papier!“Ho: Aber das findest auch nur du, dass das schönes Papier ist!Hirsch: Du nicht? Schau doch mal!(Lachen)

Ho: Doch, für mich ist das ja auch interessant. Weil ich mir nicht sicher bin, ob das in China immer noch verwendet wird. Ich glaube schon, denn sonst würden sie das ja nicht verkaufen. Aber in Peking z.B. wirst du das nicht mehr finden.

Hirsch: Stimmt, du hast gesagt, das sei eine Sache, die es wahrscheinlich nur noch in der Provinz gibt.

Ho: Ja, denn da ist es mit der Entwicklung noch nicht so weit wie in den Metropolen. Aber früher war das tatsächlich überall so, da kamst du ohne einen Empfehlungsbrief nirgends durch.

Hirsch: In welchen Situationen denn?

Ho: Ein Freund von mir z.B., der Schriftsteller Ma Jian, der war lange mit so einem Brief unterwegs und hat Leute auf dem Land besucht. Ohne diesen Brief – ich glaube von einer Zeitschrift, für die er gearbeitet hat – wäre er gar nicht bei den Leuten untergekommen. Und er hätte ihnen nicht einfach so Fragen stellen können. Also, so ein Brief ist schon ziemlich praktisch.

Hirsch: Aber meinst du, das war wirklich so ein Formular?

Ho: Ja. Das heißt auf Chinesisch „Dan Wei“. Das bezeichnet deinen Arbeitsplatz, sagen wir mal eine Firma, aber damals hieß das anders, denn das war ja noch im Kommunismus. Und die füllen dieses Formular für dich aus. Einen Abschnitt nimmst du mit, und den anderen reißen sie ab und behalten ihn. Das hier heißt „Titel“. Und hier kommt dein Name hin. Und da steht Genosse. Also z.B. Genosse Hirsch. Und hier der Arbeitgeber, etwas Öffentliches, wie sagt man das?

Hirsch: Eine Institution?

Ho: Ja, das kann man so sagen. Wenn du in ein Dorf gehst und die Leute dort sehen, aha, der kommt von der Regierung, dann bist du legal. Du hast das Recht, da hinzugehen. Du bist eine legitimierte persönliche Vorstellung.

Hirsch: Wo steht denn da „Institution“, oder wo kommt die hin?

Ho: Hier, in dieses Feld.

Hirsch: Und hier…

Ho: „Introduce… stellt vor“. Und das ist eine Höflichkeitsform. „Zi Jie Shao“.

Hirsch: „Zi Jie Shao…“ und was heißt das da?

Ho: Aber das hab‘ ich dir doch alles schon einmal übersetzt!

Hirsch: Ja, aber ich kann die Übersetzungen nicht finden.

Ho: „Geht zu euch“ steht da. Also, die Institution schlägt vor, dass du da hingehst. Wörtlich „zu deinem Ort“. Und hier: „Bitte um Hilfe“. Also, wenn die Person ein Problem oder eine Frage hat, dass ihr dann geholfen wird. „Bitte um Kooperation“ heißt es eigentlich.

Hirsch: Und das hier?

Ho: „Jing Li“. Beim Militär sagt man das. Das gibt‘s hier wahrscheinlich auch. Aber das heißt auch so was wie „Mit freundlichen Grüßen“. Aber eben auf eine kommunistische Art. Das Ganze hier ist ja eine kommunistische Geschichte. Also, hier in Deutschland würde das nicht funktionieren.

Hirsch: Na ja, auf eine andere Art schon. Das System gibt es bei uns ja auch. Wenn du ein Empfehlungsschreiben hast, bedeutet das zwar nicht, dass der andere kooperieren muss, aber eventuell wirkt es sich positiv aus. Aber entschuldige, ich muss noch mal fragen: Was heißt denn dieses Zeichen da jetzt genau?

Ho: Zeichen.

(Lachen)

Hirsch: Zeichen!?

Ho: Das heißt „Zeichen“. Aber schriftlich. Schriftzeichen.

Hirsch: Mmmh…

Ho: Und hier ist noch was. Wie viele Tage der Brief gültig ist. Und hier kommt das Ausstellungsdatum hin.

Hirsch: Und es gibt gar kein Feld für die Telefonnummer?

Ho: Die werden schon anrufen!

(Lachen)

Ho: Wenn du z.B. sagst, dass du von der China Daily bist… ah, aber es fehlt ja noch der Stempel! Der ist sehr wichtig! Der kommt hier drauf. Ohne den Stempel ist es gar nicht gültig. Damit bekommst du quasi eine Art Macht mit auf den Weg. Du wirst von den Leuten empfangen, du bekommst eine Unterkunft. Und alles, was du tust, tust du im Auftrag. Die Leute müssen das dann so akzeptieren.

Hirsch: Sonst gibt es Ärger…

Ho: Ja, das ist schon anders als bei einem normalen Empfehlungsbrief. Da steckt eine Bevormundung drin: Hier bin ich, jetzt also bitte kooperieren, ohne Diskussion. Aber warum hast du das denn eigentlich als Zeichenpapier genommen?

Hirsch: Erst einmal finde ich es graphisch schön, und dann finde ich den Kontext interessant und auch komisch – diese Idee der Macht, die darin steckt. Das Institutionelle und Bürokratische, und das dann zu unterlaufen, auch wenn das auf einer imaginären Ebene passiert. Also, ich bin ja nicht hingegangen und habe irgendwelche Aktionen damit gestartet, wie z.B. Leute damit loszuschicken oder die Empfehlungsschreiben selbst zu verschicken.

Ho: Aber die verschickt man ja nicht! Die nimmt man immer mit! Die sind wie dein Ausweis, eine temporäre Identität. Dieses Papier bestimmt eine Zeit lang, wer du bist und was du tust. Der Schriftsteller Ma Jing, der hatte tatsächlich ein echtes Empfehlungsschreiben, aber es gab auch Fälschungen und kriminelle Geschichten damit. Anfang der 90er wurde viel davon gesprochen, und in der Zeitung konnte man das lesen. Wie fängst du denn eigentlich mit dem Zeichnen an?

Hirsch: Teilweise hangelt sich das an den Schriftzeichen entlang. Z.B. bei dem „Parkplatz“ oder dem „Autokino“, da tauchen Schilder bzw. Leinwände auf, und darauf steht dann eben „Genosse“ und „Bitte um Kooperation“ oder die anderen Dinge, die du vorhin übersetzt hast. Dann gibt es die Zeichnung mit der Kopie des Zeichens, das „Nummer“ bedeutet, das sieht ein bisschen wie eine Flagge aus. Und einige haben damit zu tun, was mir selbst wichtig ist, wozu ich selbst eine Verbindung habe, ganz ohne Ironie, und das sind dann Dinge, die ich quasi empfehle. Die Welle zum Beispiel. Bei einigen spielt Klang oder Musik eine Rolle, da tauchen dann Verstärker auf. Die allererste Zeichnung, die ich noch in Peking gemacht habe, auf der sind meine Gitarre und die orangene Schirmmütze zu sehen. Es sind eigentlich naive Vorschläge.

Ho: Wenn du mir diese Zeichnungen jetzt zeigst, und ich kenne diese chinesischen Formulare und ihre Bedeutung gar nicht, dann entstehen natürlich andere Assoziationen. Hast du sie schon mal gezeigt? Und wie war das Feedback?

Hirsch: Ich hab sie einmal in Marseille ausgestellt, aber da weiß ich nicht so viel über das Feedback, denn da hingen sie dann an der Wand und ich war wieder weg. Aber das ist eigentlich immer eine Sache, die ich versuche mitzuteilen. Dass ich den Hintergrund ein wenig transparent mache, entweder über den Titel oder manchmal auch über einen kurzen Text. Aber für viele bleibt es wahrscheinlich erst einmal eine graphische Sache. Trotzdem finde ich es wichtig, was für ein Antrieb hinter einer Sache steht oder wie eine Idee zustande kommt.

Ho: Ich überlege, was ein Chinese denken würde. Bei Zeichnungen denkt man ja erst mal an eine Zeichnung auf weißem Papier. Wenn du schon eine Vorlage hast, dann ist das fast so wie bei Kindern, die in der Schule sitzen und auf ihre Bücher malen, auf etwas, das nicht dafür gedacht ist. Da gibt es eine Zweckentfremdung. Für mich ist es interessant, wer sich das anguckt und was dabei weiter passiert. Wahrscheinlich wäre es Chinesen klar. Die Zweckentfremdung wäre deutlich. Für die Leute hier ist es im ersten Moment wahrscheinlich so wie für dich, bevor ich dir erklärt habe, was es damit auf sich hat.

Hirsch: Wenn man den Titel liest, dann liest man da „Empfehlungsschreiben“ und eine Nummer. Diese riesigen Zahlen gefallen mir. Man kann sich fragen, welche Nummer man denn jetzt selbst ist, und das ist vielleicht auch interessant im Zusammenhang mit Kommunismus oder anderen Arten von Massenabfertigung, denen man etwas Persönliches entgegenzusetzen versucht. Die Titel gehen dann weiter mit „Rails ’n’ Roll“ oder ähnlichem. Da hat man schon die Möglichkeit anzudocken oder einzusteigen, denke ich. Aber da waren gerade zwei interessante Sachen, die du erwähnt hast. Einmal die Zweckentfremdung, die ist interessant… die ist sowieso interessant für die Kunst.

Ho: Ja, die gibt es oft in der Kunstgeschichte…

(Lachen)

Hirsch: … und dann dieses Phänomen, dass man auf etwas anderem malt, z.B. auf Büchern. Ich finde es einfacher, etwas zu zeichnen, wenn schon etwas da ist. Weißes Papier ist viel schwieriger. Deshalb mache ich oft Kopien von Zeichnungen, zeichne wieder drüber und so weiter, dann kann ich mich auf etwas beziehen. Das ist bei den gefundenen Negativen vielleicht auch so.

Ho: Ist das eine Zweckentfremdung? Nein, oder?

(Lachen)

Hirsch: Das ist die Frage…

Ho: Eigentlich ja nicht, denn die Negative sind ja dafür gemacht, dass man sie vergrößert. Aber eine Verschiebung des Ortes und des Kontextes gibt es halt. Ich überlege, warum nicht ein chinesischer Künstler mit diesen Formularen und mit den zurückgelassenen Negativen arbeitet, sondern du als Fremder diese Dinge aufgreifst, obwohl es einen historischen Hintergrund gibt, den du gar nicht so gut kennst. Ich meine, die Sachen haben ja mit dieser Zeit des Umbruchs in China zu tun. Bei den Empfehlungsschreiben ist es der Kommunismus. Und bei Mr. Double Double der organisierte Tourismus und die freie Ökonomie, die seit den 80er Jahren stärker geworden sind. Da haben sich die Leute eine Attraktion für die Touristen ausgedacht. Sie zahlen einfach 5 Yuan, und eine Stunde später bekommen sie ein Foto, und das hängen sie an die Wand. Das Negativ brauchen sie gar nicht mehr, und der Fotograf auch nicht. Den Augenblick einfangen, das Geld kassieren und die Überbleibsel wegschmeißen. Und vielleicht einen Monat später kommen wir dort zufällig vorbei, kein Mensch ist mehr da, und du nimmst das alles mit. Die Rolle, die du dabei spielst… Für einen Chinesen gäbe es da einen reichen Kontext.

Hirsch: Du meinst, ein chinesischer Künstler könnte der Sache mehr Sinn verleihen?

Ho: Ja, wenn an deiner Stelle ein chinesischer Künstler wäre, gäbe es sehr viel zu erzählen. Aber das Interessante ist, dass du darauf gestoßen bist und dass du auf deine Art einen Zugang dazu gefunden hast. Und das ist als Anregung für mich interssant, auch bei „Mr. Double Double“. Denn es gibt viele Geschichten hinter dem, was diese Negative bedeuten. Wenn ein chinesischer Künstler diese Arbeit gemacht hätte, und wenn man die Fotografien im Kunstkontext beschreiben würde, dann käme dieser ganze his-torische Zusammenhang zum Vorschein, und der Umbruch in China würde da hinein projiziert werden.

Hirsch: Gut möglich. Das kann ich wohl nicht leisten.

Ho: Deswegen komme ich immer auf diesen Punkt der Identität zurück. Du als Fremder an diesem Ort. Für dich ist es eigentlich eine Entdeckung. Wie bist du denn eigentlich auf die Idee gekommen, die Negative als Kunst weiterzubenutzen? Ist das Found Footage? In der westlichen Kunst gibt es das ja oft…

Hirsch: Nachdem ich sie mitgenommen habe, lagen sie eine ganze Zeit lang erst einmal bei mir rum. Erst als ich sie dann gescannt habe, wusste ich: Das ist interessant. Ich fand sie so seltsam, dass ich dachte: Die muss man hier zeigen!

Ho: Was war für dich daran interessant?

Hirsch: Diese Auflösungserscheinungen, die Verdopplungen und Verdreifachungen, alles auf dem gleichen Negativ. Dann die Tatsache, dass ich selbst dort gewesen bin an diesem Strand, der auf den Fotos zu sehen ist und wo auch die Negative lagen. Dass diese einen Zweck hatten, nämlich, dass diejenigen Leute die Abzüge kaufen, die da zu sehen sind. Und die Verbindung zu den Bergbildern aus dem Jahr davor gefällt mir. Ich habe gedacht, jetzt war ich einmal nicht in China und habe trotzdem Bilder gemacht, so eine Art Gegenbilder. Und 2002 war ich dann doch da und habe auch eine ganze Menge fotografiert, aber nichts von alledem ist so seltsam und so komisch verschoben wie das, was da am Strand herumlag.

Ho: Aber Doppelbelichtungen gibt es ja hier in der Kunst auch viele.

Hirsch: Ja, es gibt diese Lumos, aber da wird glaube ich immer direkt ein ganzes Negativ belichtet, zwar in vier Teilen, aber es bleibt keine Zeit zwischen dem Belichten der verschiedenen Bereiche, oder halt nur ein Sekundenbruchteil. Zumindest nicht so viel, dass man in der gleichen Art damit umgehen kann, wie es bei Mr. Double Double zu sehen ist. Irgendwie muss es da eine Vorrichtung gegeben haben, die immer einen Teil des Negativs abgedeckt hat während der Belichtung. Du hast solche Fotos doch früher schon mal gesehen, oder?

Ho: Ja, das ist schon ewig her. Wie gesagt, für die Chinesen hat das eine lange Geschichte. Das ist mit dem Tourismus gekommen. Und es ist ja wirklich eine geniale Verkaufsidee, da bist du nicht nur einmal drauf, sondern gleich zweimal. Deswegen ist es extrem attraktiv für die Leute. Nur einmal drauf zu sein wäre ihnen ein bisschen wenig. Und dir ja auch.

Hirsch: Wie meinst du das?

Ho: Die Faszination der Verdopplung. Wenn du während der Reise einfach Negative gefunden hättest, mit nur einem Chinesen darauf vor einer Landschaft und mit einigen „Zeitspuren“, dann wäre es nicht so interessant für die Betrachter und für dich auch nicht. Der Trick mit der Doppelbelichtung hat also gleich zweimal funktioniert!

Köln, Restaurant Lakshmi, Januar 2008

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Volker Pantenburg: Off Location / On Location (engl.)


Volker Pantenburg
Off Location / On Location
(deutsche Version hier)

In discussing photography, the word motive usually means the distribution of light and shadow on paper, of forms in space. Yet for every picture, there’s also a motive for the photographer – a desire or an intent. The motive of a photograph is therefore just as much in front of the camera as it is behind it. In terms of time, too, there are motives before and after the shutter release has been pressed. Each photograph can be regarded as a confrontation of the two, as a more or less successful compromise between the photographer and the world, between a subjective and an objective motive. In this arrangement, the camera represents the attempt to convey the one by using the other, to allow interplay between the external and the internal. Of course, photographers’ motives can be of very different natures. In the case of travel photography, pictures generally serve as a way to reassure oneself. They testify to one’s presence somewhere, and furnish the mind with snapshots of a past, which, transferred to the present, is supposed to be saved for the future. Even if travel photographs can sometimes claim to be aesthetic products, the main purpose for most of them is to assert: I was there. Or, keeping in mind the moment when the picture will be viewed: I will have been there.

Yet what happens when this particular feature is not a given? When the Chinese mountains are photographed about eight thousand kilometers away from the country’s border? This Summer I Didn’t Go To China: suddenly, the pictures’ claim to be witnesses disappears and is no longer significant. Instead, the photos articulate the suspicion that the photograph might have been taken without the photographer actually having been there. So in 2001 China was in the Rhineland. Photographs of distant places are taken in an apartment in Cologne: a dream topography, contrastingly lit, mountain landscapes in bed. Models, studies, cascading folds, textile tectonics. The reality of the Far East cannot measure up to the motifs in these pictures; they are not photos of mountains, but of eight-thousand-meter-high imaginary constructs. My own private Himalaya (the Sanskrit word Himalaya literally means snow dwelling). A fictitious line connects the Chinese-Rhineland mountain landscapes and the photos taken by Mr. Double Double and like-minded others, which were found along the shores of the Yellow Sea. In both cases, we see a space where logical ties are cut in favor of another form of connection. Here, people and even entire mountains are barely held down by gravity. Things and people are simultaneously the same, yet different – strange, yet familiar. Floating is good form.

The landscapes taken during the summer of 2001 were an attempt to create a positive assessment of a journey not taken. In contrast, the pictures found a year later would suit the expectations of the typical tourist. In the process, however, the character of these pictures has been curiously altered. The fear of not really being there encounters an exaggerated, almost eerie doubling, created by a conspiracy of technical photography tricks. Not only was I here, but I and I were here. The doubling of reality photographs attempt to achieve, day in and day out, is elevated to a principle in the images, and therefore undermined at the same time. One has the unpleasant feeling that 1+1= 1⁄2.

People in the pictures are unidentified doubles, traveling through unreal territory. And while those depicted may have long since placed the photos in their living rooms at home, the originals remain at the scene of the crime. In the form of nameless negatives, rejected by a photographer with good business sense, they are thrown away and gradually disappear below the surface of the beach. Found footage, footprints, prints: visual tracks in the sand, a symbol of time trickling through the tapered glass. For their part, the grains of sand have also left behind traces of themselves in the image. Along with the salt crystals of the sea water – a reminder that salt is a necessary ingredient in every photographic developing process – their effect upon the negative is corrosive, mutating, artificially aging, and at the same time, reformative. How long did the negatives lie there? I like to think that some of them might have been taken at the same time the local Himalayan photos were taken. Two people who are totally unaware of each other, who will never meet, but whose viewpoints have crossed paths in a discarded strip of negatives, press the shutter release at the same time, with nothing but the globe between them. A moment frozen in time, then stillness. The world keeps on turning, as if nothing had happened.

Volker Pantenburg, Berlin 2008
(translation: Allison Plath-Moseley)

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Volker Pantenburg: Off Location / On Location (dt.)


Volker Pantenburg
Off Location / On Location
(english version here)

Wer von Fotografien spricht, meint mit Motiv meist eine Verteilung von Licht und Schatten auf dem Papier, von Formen im Raum. Aber zu jedem Bild lässt sich auch ein Motiv des Fotografen finden, ein Wunsch oder eine Absicht. Das Motiv eines Fotos findet sich daher ebenso sehr vor der Kamera wie dahinter, und auch in zeitlicher Hinsicht hat man es vor und nach dem Druck auf den Auslöser mit Motiven zu tun. Jedes Bild kann als eine Auseinandersetzung zwischen beiden Ebenen begriffen werden, als ein mehr oder weniger gelungener Kompromiss zwischen dem Fotografen und der Welt, zwischen einem subjektiven und einem objektiven Motiv. Die Kamera steht in dieser Anordnung für den Versuch, das eine mit dem anderen zu vermitteln, Außen und Innen ineinander zu verschränken. Natürlich können die Motive des Fotografen ganz unterschiedlicher Natur sein. Im Fall der Reisefotografie dienen die Bilder meist der Selbstvergewisserung. Sie bezeugen, vor Ort gewesen zu sein und möblieren den Gedächtnisraum mit Momentaufnahmen einer Vergangenheit, die als Gegenwart für die Zukunft gerettet werden soll. Zunächst sagen fast alle Reisefotografien, abseits von jedem ästhetischen Anspruch: Ich war da. Oder, schon mit Blick auf die Zeit, in der das Bild angeschaut wird: Ich werde da gewesen sein.

Aber was passiert, wenn genau diese Voraussetzung nicht gegeben ist? Wenn die chinesischen Berge in ungefähr achttausend Kilometern Entfernung zur Landesgrenze aufgenommen werden? This Summer I Didn’t Go To China: Plötzlich fällt der bezeugende Anspruch aus den Bildern heraus und spielt keine Rolle mehr. Die Fotos artikulieren vielmehr den Verdacht, dass die Fotografie von der Anwesenheit des Fotografen vor Ort unabhängig sein könnte. 2001 liegt China deshalb im Rheinland. In einer Kölner Wohnung entstehen Bilder von weit weg: Eine in starken Kontrasten abgelichtete Topografie des Traumes, Berglandschaften im Bett. Modelle, Studien, Faltenwürfe, textile Tektonik. Mit den Motiven, die auf diesen Bildern zu sehen sind, kann sich die fernöstliche Realität nicht messen; auf den Bildern sind nicht Berge, sondern achttausend Meter hohe Phantasiegebilde abgebildet. My own private Himalaya (das Sanskrit-Wort Himalaya heißt übersetzt Schneewohnung).
Zwischen den chinesisch-rheinischen Berglandschaften und den am Gelben Meer gefundenen Aufnahmen von Mr. Double Double und seinen Gesinnungsgenossen lässt sich eine fiktive Verbindungslinie ziehen. In beiden Fällen sehen wir einen Raum, in dem die Bindungen der Logik zugunsten einer anderen Form von Verknüpfung aufgehoben sind. Die Schwerkraft hält hier Personen so wenig am Boden wie ganze Berge; die Dinge und Menschen sind dieselben und zugleich anders, fremd und bekannt. Das Schweben gehört zum guten Ton.

Anders als die Landschaften, die im Sommer 2001 als Positivbilanz einer verpassten Reise entstehen, sind die ein Jahr später gefundenen Bilder auf die Ansprüche eines typischen Touristen zugeschnitten. Ihr Charakter ist dabei allerdings eigentümlich verschoben. Der Angst davor, nicht wirklich da zu sein, wird hier – übertrieben, fast unheimlich – mit einer Verdopplung begegnet, mit einer trickreichen fototechnischen Beschwörung. Nicht nur Ich war hier, sondern Ich und Ich. Die Verdopplung der Realität, die Fotografien ohnehin tagtäglich vornehmen, wird hier auch innerhalb der Bilder zum Prinzip erhoben und dadurch zugleich unterlaufen. Man hat das ungute Gefühl, dass hier 1+1 allenfalls ein halb ergibt. Die abgebildeten Personen: duplizierte Unbekannte, auf der Durchreise durch eine unwirkliche Gegend. Und während die Porträtierten die Fotos vielleicht längst im heimischen Wohnzimmer platziert haben, bleiben die Originale am Tatort zurück. Als namenlose Negativstreifen, Ausschussware eines geschäftstüchtigen Fotografen, werden sie weggeworfen und verschwinden allmählich unter der Oberfläche des Strands. Found footage – footprints – prints: Bildspuren im Sand, der als Sinnbild der Zeit durch die verjüngte Stelle im Glas rieselt. Die Sandkörner haben ihrerseits ebenfalls Spuren im Bild hinterlassen. Zusammen mit den Salzkristallen des Meerwassers – eine Erinnerung daran, dass Salz für jeden fotografischen Entwicklungsprozess notwendig ist – wirken sie zersetzend, verändernd, künstlich alternd und zugleich neu bildend auf das Negativ ein. Wie lange haben die Negative da wohl schon gelegen? Mir gefällt der Gedanke, dass einige davon gleichzeitig mit den heimischen Himalaya-Fotos entstanden sein könnten. Zwei Personen, die nichts von einander wissen und sich niemals kennen lernen werden, deren Blicke sich aber in einem weggeworfenen Negativstreifen kreuzen, drücken in einem Augenblick, mit nichts als der Erdkugel zwischen sich, auf den Auslöser. Ein gefrorener Moment, dann Stille. Die Welt dreht sich weiter, als wäre nichts gewesen.

Volker Pantenburg, Berlin 2008

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Bettina Deschler über ‚Today I Parked My Car On An Ocean Rock‘


Bettina Deschler über Today I Parked My Car On An Ocean Rock

In der Mitte des Jagla Ausstellungsraumes erhebt sich eine Säule zur Decke. Nicht rank und schlank wie eine in Stein gemeißelte Kolumne strebt sie aufwärts, sondern schiebt ihre weichen Wülste widerständig in die Höhe. Bausteine dieser eigentümlichen Stütze von Andreas Hirsch sind nicht etwa Marmorblöcke, sondern unterschiedlich breite Fahrzeugschläuche aus Gummi, die in der vegetabilen Ornamentik des historistischen Deckenreliefs einen ehrwürdigen Abschluss gefunden zu haben scheinen.

Der gebürtige Leverkusener (Jahrgang 1972) erzeugt nicht nur durch die Unvereinbarkeit von Material und Verwendungszweck ein komisches Moment, sondern weckt mit der plumpen Körperlichkeit der auf Luftpolstern aufsteigenden Säule auch die Assoziation an die `Rettungsringfigur´ eines etwas aus der Form geratenen menschlichen Körpers. Der Titel „Synapse“ hingegen weist wiederum auf eine andere Deutungsmöglichkeit.

Das Komische und Kuriose durchdringt Hirschs multimediales Werk und lässt sich auf sein Interesse für Zufallsoperationen und Improvisation zurückzuführen, die sich auch in seiner Beschäftigung mit experimenteller Musik niederschlagen. In seinen ‚TreeSpeedMusic‘ Performances verwendet er eigens entwickelte Instrumente wie den „elektrifizierten Palmwedel“ als Klangerzeuger. So lässt sich ein an die Wand gelehntes Fundstück aus schwarzem Kunststoff, das an ein kurz geratenes Alphorn erinnert, auch als ein potenzielles Musikinstrument begreifen, dem bei nächster Gelegenheit Töne zu entlocken sind. Zwei Schwarz-Weiß Tuschezeichnungen mit dem Titel „Today I Parked my Car on an Ocean Rock“ bewegen sich zwischen Nonsens und Narration. Ein Auto steckt senkrecht in einer Felsspalte, umgeben von Meer und nächtlichem Dunkel. Daneben der Felsblock im schwarzen Gewässer, an dem jetzt nur noch ein Notizzettel haftet. Unfall? Unfug? Beides möglich. Zwei weitere Zeichnungen zeugen von Kontrollverlust als Bedingung für Kreativität. Hirsch hat die Zeichnungen zweier Gegenstände -ein Surfbrett und ein Schaltknüppel-, in den Kopierer gelegt und während des Vorgangs hin- und her bewegt, so dass diese willkürlichen manuellen Manipulationen das Ergebnis verfremden. Die entstandenen verzerrten Linienmuster, von Hirsch anschließend genau abgezeichnet, weisen kaum Ähnlichkeit mit ihrer ursprünglichen Form auf und sind eher mit Strukturen geologischer Gesteinsschichten vergleichbar.

Bettina Deschler, Kölner Stadtanzeiger, 2011

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Solar Sound Ensemble – Looking Back at the Observatory


Solar Sound Ensemble

Looking Back at the Observatory

Julia: Check – we’re just turning on the recorder now. It’s Saturday the 14th, 2012. Check 1-2-3, check 1-2-3. The date is April 14th, 2012. The city – Cologne, Germany. The temperature 0 Degrees Centigrade. The time is 0.30 Am. The people in attendance are: Julia Scher, Tobias Grewenig, Andreas Hirsch, Hannes Hoelzl, Magdaléna Kobzová. We are all certified here so you could do a voice match test.

Magde: What is the story of the origin of the Solar Sound Ensemble? How did it all start?

Andreas: I’d got carte blanche from the CBK Drenthe to realize an art project at the location of the Dwingeloo Radio Telescope. I first started to talk about it with Hannes. We were thinking about using the data of the ASTRON and CAMRAS and transforming them into sound. On ASTRON’s side there was Peter Bennema who made it possible, he was the first contact. I had a few people in mind who might be interesting for the project and all our first choices said yes.

Hannes: As for the choice of instrumentation, we had the very warm, earthy sound of the palm tree leaf played by Andreas, then my computer sound, which is, in a way, its antagonist, because it can sound very spacey. Than the reason for the choice of the wind instrument was to find a sort of middle between the two, to mediate on the vertical axis. We also thought it would be very good to have some voice.

Andreas: When I got to know Julia at the academy, I was very impressed by her speaking voice. It is also incredible how she comes up with things that trigger associations… Of course, there is also the fact that she’s been working with the themes of surveillance for such a long time, which is, in a way, closely related to observing.

Hannes: For me, Julia’s role was that of a guide or a navigator. Someone who accompanies you on a flight.

Magde: This performance was very site and time-specific, not only in terms of staging and timing. To me it seems that the telescope was not used just as a background but you have managed to make it an essential part of the performance, it became an actor in its own right.

Andreas: For the development of the staging of the performance, the possibilities were a bit crazy, at least for me and the dimensions that I’m used to thinking about. It was great to be able to use the telescope in the dramaturgy, decide how and when we want it to turn and to make it part of the performance.

Julia: I think that forcing the musicians into an orchestral position made a demarcation on the telescope, like in a theatre. And the sound amplification was great, from what the audience said.

Hannes: Yes, that was very surprising. We played in an open field with no background noise whatsoever. This silence is something we are not used to. When there is open air concerts, it usually happens in a stadium, and you get a peculiar arena sound made of reverbs and echos. Here the sound was just pure: one wave and when it’s past you, it’s gone into the forest forever. That’s why it sounded so crisp and clear.

Julia: It was experimental in terms of scale. How to scale the music. I didn’t realize that until it actually started.

Hannes: It was a strange thing, because we were out in the big open field, with the huge telescope on top of us but then the place for the audience was really confined. Suddenly we were back to a sort of cosy Dutch backyard feeling. Of course, nobody could know how many people would show up and it was surprising where they all came from in the end. They came from the forest with the little camping seats under their arms.

Magde: How did you structure the performance? Did you have a timeline to stick to and guide you in the improvisation?

Andreas: We developed a structure and a timeframe for the performance which was very comforting. It was highly influenced by Matthias. It had four defined parts and on the stage we had a clock to keep time.

Hannes: We asked the astronomers for the data they had recorded with the telescope. We took it as a score for the whole performance and also used it for sonification. It was recorded in time and we used it as a timeline. From this we developed the four parts.

Andreas: The first part starts on planet Earth: all the instruments are presented. It is still daylight, there is no projection yet.

Hannes: Following that is something like a take-off, a very short part, but more intense.

Andreas: In a way getting away from the Earth, which is also the point when the projection starts, in the moment when all the instruments and the voice go out. Then follows the star data sonification by Hannes and the projection, getting more cold.

Hannes: That is very distinct in the general picture, because there is no live music, and suddenly a strong focus on the visual part.

Andreas: This third part then somehow evolves into the last part, the finale, where everybody comes in again. These four parts were rather well defined, but within them there was a lot of improvisation and free playing.

Magde: Did you rehearse a lot before the performance?

Julia: These endless rehearsals, from morning till night, and there were men with machines all over this giant room covered with wires, foot pedals, buzzers, and then strange equipment and instruments on the walls. An endless supply of computer strip-cords, hard-drives, usb connectors, which I was constantly plugging and re-plugging into their practice machines, rows of experimental flashing lights. Endless heat and the dripping wet, sweaty t-shirts of all these men and machines tuned to the organ of outer space receptivity. And then the rehearsal would begin. Hours and hours of re-writing words gone wrong.

Andreas: This is one of these moments when I know exactly why I asked you to join us – you are an automatic poetry machine!

Magde: Hannes, how did you process and sonify the star data from the telescope?

Hannes: We got one data set, which in a way was a photograph of outer space taken by the telescope during a full day. Since it’s a recording in time and has spectral frequencies, which also exist in the sound, I processed this huge pile of data and transferred them to the sound on the same timeline, but of course compressed to few minutes, instead of the 24 hours.

Andreas: Is it the actual sound or do you take other sound sources and you manipulate it according to this data set?

Hannes: I used a pre-composed sound as a basis and then used the spectrum from the data file to modulate it. So the sound gets more intense in the moments when the astronomical recording shows more intensity. It is a translation process, in which I tried to make the relation as obvious as possible but also paid attention to the final result in that it works in a musical way, too.

It is interesting, because since it’s all signals, the same analysis is usually applied in sound. You are just within a different medium and a different frequency domain.

Magde: So the star data sonification was a pre-composed part of the performance.

Hannes: Yes, it was the third part. A ten minutes solo where the stars speak by themselves, and I, as a performer, go into the background; I’m not really present. During the rest of the performance I was playing a collection of my computer instruments in a rather free way, improvising and trying to listen to the other instruments.

Magde: Tobias, how did you go on to create the visuals for this performance, the abstract lively organisms-universes?

Tobias: I was hired because of a totally different piece, which was a sort of trashy funny thing, very different from the performance at the telescope. There’s actually no screen on the telescope but a fine net of wires, which reflects the light. But we didn’t know until we tried it. Because the telescope is so huge and beautiful, I didn’t want to attach a screen to it but work with the very nice structure of the dish. From there comes also the idea to start at daylight, so people can see this construction, and then it becomes slowly dark and we morph into a different kind of setting. I created a very simple wire-frame-like universe which is somehow alive because of the physics behind it. It looks like little animals, germs, when you watch them moving, an evolving system.

Hannes: So these constraints were also the reason why you chose very strong contrasts, basically black and white, and no transitions, just straight edges.

Tobias: Yes, that works best because gradients wouldn’t work on the dish. And I also loved the idea of not having a square screen, but a circular projection space, working with vectors. In 3D the boundaries of the dish form a sphere. So I built little scenes and I doubled everything, so I had a sort of DJ mixer, where I could mix one world into the other and each has got its own physical laws. I thought I could allow myself to be more abstract, cold and nerdy, because there were so many warm instruments. I wanted rather to relate to the data and to the mapping.

Hannes: This was projected basically at nothing – this open 3-dimensional body creates crazy side-views, which cannot be calculated, it shows very much the structure of the physical dish, together with the virtual projected structure.

Tobias: That is why I didn’t want the telescope facing frontal, but rather tilted a bit to the side, so you can get all this geometry.

Magde: During the live parts of the performance, there’s the underlying melodic rhythm of a strange origin…

Andreas: The instrument I made, the electrified palm tree leaf has its own characteristics. It is a branch of a palm tree with some rubber bands, which can be adjusted. It has a rather warm sound, with references to African instruments, like the kalimba. I use some effects along with it – delay, mini-fan, which turns and allows me to play very fast arpeggios, and a loop-station to record loops, so I have something steady going on. In the ensemble I try to provide basses, the basic rhythm, but sometimes also go more abstract towards what Hannes was doing with his electronics. Matthias actually moves very eloquently between these two sides.

Andreas: What about the lyrics? There’s a lot of interesting ideas: no waste in outer space, or thinking about where the extra-terrestrials would gather, like the animals around the water supply.

Julia: You brought us to this injection point in the space and it’s great for words. The place we were at with this piece takes you there and some of the words come directly from this quandary: how do we talk about, what words do we use to elaborate on this world of sound, music, culture, entering these other zones. Is music a hospitality engine also? What kind of communities would want to join in? What person would be at a portal between you and the planet X? We really don’t know, so it’s all for making up! But mixing up with science; the resonant frequencies and a couple of other sprinklings of real science punctuate the music, the sound.

Some of my texts were generated specifically for the Solar Sound Ensemble but there is also some juicy selections from earlier works. It was a sort of collage from all the way from 2000. I would just find them back and forth like composing. For me, there were a lot of issues about compatibility of culture and science. The scientific community has certain prejudices about the cultural community and vice versa and that three or four different communities came together to this event was, I thought, very interesting and successful and really good. So there can be great success shared across the communal lines and that is a thing that more and more artists are looking for and hoping for in their practices.

Magde: What bright futures lie ahead for the Solar Sound Ensemble?

Andreas: Mars.

Tobias: Martial Sound Ensemble.

Julia: I’m excited because we already have so many landers there, taking pictures and measurements, and we are in vast communication with Mars through the machines.

Tobias: I don’t know, maybe not Mars, but stratosphere for the next concert?

Hannes: I think what we would do next is a much tighter collaboration with the astronomers. Get more data, moon-bouncing, bringing their work out more directly. Less free-jazz. Also next time we should broadcast what we play, so it goes really out into space.

Andreas: It would be interesting to get into the moon-bouncing and take it further. In general, site-specific work like this is always a challenge and it’s inspiring to deal with very different situations and see where they can take us.

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